L. M. Goodman wurde schließlich als Arthur Breitman identifiziert, ein Informatiker und Finanzexperte, der seine Rechte am geistigen Eigentum an Tezos in seine im US-Bundesstaat Delaware ansässige Firma Dynamic Ledger Solutions einbrachte und ein ICO zum Aufbau von Tezos plante.
Inmitten der ICO-Manie des Jahres 2017 sammelte Tezos bei seinem ICO eine Rekordsumme von 232 Mio. US-Dollar ein. Dem folgten eine Reihe polarisierender Ereignisse und Rechtsstreitigkeiten um die Kontrolle über die Gelder. Nachdem die kontroverse Vergangenheit nun größtenteils hinter uns liegt, gewinnt Tezos als Community-gestütztes Netzwerk in einer aufstrebenden Klasse von PoS-Netzwerken rasch an Dynamik.
Das Aufkommen von Proof-of-Stake und On-Chain Governance
Tezos nimmt unter den Kryptonetzwerken eine einzigartige Stellung ein, die sich in erster Linie aus dem On-Chain-Governance-Modell und dem PoS-Konsens ergibt. Vor allem gehört Tezos zu einer neuen Generation von PoS-Blockchain-Netzwerken, die den PoW-Konsens (Proof-of-Work) von Bitcoin durch einen schnelleren Finalitätskonsens, ein von Anfang an besser skalierbares Design und einen geringeren Energieaufwand verbessern wollen.
Tezos ist eine Smart-Contracts-Plattform wie Ethereum, basiert aber auf der Programmiersprache Michelson und setzt einige leichte Optimierungen des Smart-Contract-Archetyps von Ethereum um – etwa die formale Verifizierung für eine verbesserte Vertragssicherheit. Tezos ist seit September 2018 offiziell aktiv und hat die Unterstützung der Community und Entwicklungsbeiträge zum großen Teil durch das Angebot von Bug Bountys, Staking-Anreizen und Partnerschaften gewonnen, die darauf abzielen, mehr Community-Mitglieder in ihren Schoß zu holen.
Im Vergleich zu anderen Blockchain-Netzwerken unterscheidet sich Tezos vor allem in zweierlei Hinsicht:
1. Staking-Mechanismus (so genanntes „Baking“)
2. On-Chain-Community-Governance
Beim Baking werden Gelder im Tezos-Netzwerk gestaket, um Blöcke zu validieren und die entsprechende Blockbelohnung zu erhalten. Darüber hinaus spielen „Baker“ (also Staker) eine herausragende Rolle bei der Netzwerk-Governance, wobei ihr Stimmengewicht mit ihrem Gesamtanteil am nativen Tezos-Token XTZ korreliert, der im Netzwerk gesperrt ist.
Token-Inhaber sind jedoch nicht gezwungen, ihre XTZ zu staken. Token-Inhaber können sich freiwillig am Staking beteiligen, indem sie andere Baker beauftragen, in ihrem Auftrag zu staken.
Ähnlich können XTZ-Inhaber ihre Token auch für die Abstimmung über Governance-Vorschläge delegieren. Die On-Chain-Governance-Struktur von Tezos ist so angelegt, dass die Abstimmung über Vorschläge von der Größe des XTZ-Anteils des betreffenden Nutzers am Netzwerk abhängt. Entwickler und weitere Netzwerkteilnehmer können Vorschläge machen, an die Rechnungen zur Entwicklungsfinanzierung angehängt sind.
Das anfängliche Abstimmungssystem ist vordefiniert, aber – und das ist das Einzigartige an Tezos – der Abstimmungsmechanismus kann ebenso wie viele weitere Aspekte des Netzwerks durch Governance-Vorschläge geändert werden. Durch Abstimmungen der Interessengruppen können Protokolländerungen ausgelöst werden, und sogar die Grundprinzipien des Netzwerks können geändert werden, wenn auch mit wesentlich größerer Schwierigkeit. Das Konzept besteht darin, ein gemeinschaftliches Umfeld zu fördern, das in der Lage ist, das Netzwerk rasch weiterzuentwickeln, um dynamischen Anforderungen gerecht zu werden.
Bemerkenswert ist, dass Tezos im März die erste Runde der On-Chain-Governance-Abstimmung abgeschlossen hat, bei der zwei größere Netzwerk-Upgrades unter dem Namen „Athens“ behandelt wurden. Die Zuteilung der Mittel aus dem ICO wird von der Tezos Foundation verwaltet, einer gemeinnützigen Organisation, die sich dafür entschieden hat, neutral zu bleiben und das Stimmrecht an die Tezos-Community abzutreten.